Aus verschiedenen Gründen – unter anderem ein nicht-mehr-zahlen-könnender Kunde – hier kurz die Eindrücke aus zwei Tagen London.
Der Euro-Star aus Paris hatte eine Minute Verspätung. Schon oft habe ich geschrieben, daß ich mich als Deutscher wirklich zutiefst über die Leistung der Deutschen Bahn schäme. Alle meine Versuche, Anregungen, Anstrengungen und Angebote, hier eine Besserung herbeizuführen, sind bisher fehlgeschlagen. Inzwischen stehe ich auf dem Standpunkt, daß erst einmal die Mehrheit meiner Noch-Mitbürger mit der Realität vertraut gemacht werden muß und ein Bewußtsein geschaffen werden muß, hier eine Änderung zu wollen. Erst dann hat es Sinn, sich hier weiter zu engagieren. Im Moment habe ich das Gefühl aus meinem Umfeld, daß die Mehrheit zufrieden mit der Leistung der Deutschen Bahn ist. So stehe ich mehr oder weniger auf verlorenem Posten. Bleibt es dabei, wird es nicht mehr besser werden.
Die Mehrheit der Deutschen scheint es in Ordnung zu finden, wenn ein Zug über eineinhalb Stunden Verspätung hat.
Ich nicht.
Also zurück zu London, der Zug kam an, es erfolgt keine Paßkontrolle mehr. Aber eine große Schlange – und eine defekte Rolltreppe, bis man endlich in einem anderen Bahnhofsbereich kommt.
Wie geht es weiter? In London heißt die U-Bahn „Underground“ und wird auch als „Tube“ bezeichnet. Kleine Kinder fahren kostenlos mit einem Elternteil mit. Größere Kinder benötigen eine „oyster-card“ im Kreditkartenformat, ohne Magnetstreifen, wohl mit RDID-Chip. Die Karte kann aufgeladen werden. Erwachsene können bargeldlos mit dem Telefon bezahlen.
Sämtliche U-Bahn-Stationen sind gesichert mit Eingängen und Ausgängen. Man kann nicht so einfach darüberhüpfen wie früher in New York, es sind teilweise auch „Fenster“, die sich seitwärts wegbewegen. Man kann aber mit „Apple Pay“ bezahlen. Die Mitarbeiterin sagte erst, es ginge nur „Google Pay“, aber ich habe es ausprobiert.
Hier noch eine kleine Nebenbemerkung: Seit Jahren sage ich und werbe dafür, daß Europa ein eigenes Zahlungssystem entwickelt. Das einzige, was die EU geschafft hat, ist, daß Apple gezwungen wurde, die Zahlungsschnittstelle zum NFC-Chip zu öffnen. Ich rate dringend von einer derartigen Regulierung ab, denn es könnte sein, daß Apple dann bestimmte Funktionen einfach nicht mehr in der EU freischalten wird. Somit würde der Kontinent weiter abgehängt. Mein dringender Rat seit Jahren war – und ist nach wie vor, daß die EU ein eigenes System entwickelt, z.B. „EuroPay“. Meine Vorschläge wurden immer abgelehnt, nicht ernst genommen, abgetan oder sonstwie verworfen
Jetzt ist es so, daß ich über ein US-System innerhalb Europas die U-Bahn bezahle.
Es funktioniert aber ganz gut. Wichtig ist nur, daß man immer die gleiche Kreditkarte ausgewählt. Angeblich wird auch nie mehr als der Maximalbetrag pro Tag abgebucht, die Kosten einer Tageskarte, 8,5 Pfund.
Ein derartiges System würde ich für den MVV auch vorschlagen.
Sehr auffällig ist, daß in London die Männer fast durchweg gut gekleidet sind. Sehr viele mit Krawatte, viele in Anzügen, auch im „normalen“ Straßenleben.
Weiter auffällig ist, daß es sehr viele Jogger gibt – beiderlei Geschlechts.
Weniger schön war, daß der Stadtrundfahrt-Touristenbus auf einmal anhielt und sagte „alle aussteigen“. Es war etwas seltsam, denn es war kein Bus dahinter, in den wir umsteigen konnten – ein Mitarbeiter meinte lapidar „in einer halben Stunde kommt der nächste“. Der Fahrer, der beim Einsteigen noch recht freundlich wirkte, schaute seine Fahrgäste nicht mehr an – und fuhr dann einfach weiter. Für diesen Service ist die Rundfahrt zu teuer gewesen.