Seit Jahren hatte ich es mir vorgenommen und nun las ich wieder beunruhigende Nachrichten und sah Bilder von verätzten Platinen und so habe ich es auf die absolute Priorität 1 gesetzt – denn die Aufräumarbeiten und Reparaturarbeiten, um die Leiterbahnen wiederherzustellen etc. sind viel aufwendiger als die rechtzeitige Wartung.
Das Öffnen der „XBOX Classic“ ist schön bei „IFixit“ beschrieben: https://de.ifixit.com/Anleitung/Xbox+Demontage/1308
Es gibt offenbar sechs oder sieben verschiedene Varianten der XBOX. Meine scheint die 1.3 zu sein. Vor dem Hintergrund der aktuellen Situation (Abhängigkeit Deutschlands bei Halbleitern – seit über 20 Jahren habe ich immer wieder gewarnt vor der Situation, in der wir uns nun befinden, aber ich kann nur immer wieder sagen, keiner wollte es hören in meinem Umfeld, leider auch sehr viele Kunden) habe ich mir die XBOX genau angesehen: Es scheint die erste Variante zu sein, die komplett in China gefertigt wurde, im Jahr 2003. Auch das DVD-Laufwerk, „Made in China“. Selbst die „Seagate“-Festplatte, „Model ST310014ACE“: „Product of China – 5“, „Site Code: WU“.
Immer wieder bei Vorträgen zeige ich Platinen und Mainboards und teile der Zuhörerschaft mit: „Kein einziges Bauteil wird noch in Deutschland gefertigt“. Immer großes Erstaunen. „Das habe ich nicht gewußt“. Das hätte nicht sein müssen, in meinen Augen trägt hier nicht nur die Politik die Verantwortung, sondern auch die Wählerschaft, die diesen Kurs immer wieder bestätigt hat.
Aber zurück zu dem Kondensator. Die „iFixit“-Anleitung ist etwas zu radikal in meinen Augen:
- Es reicht, wenn man die Gummifüße nur jeweils auf der äußeren Seite abhebt (es geht sehr schwer), um die Schrauben zu öffnen, man muß sie nicht ganz abnehmen – so ist die Chance höher, daß sie haften bleiben.
- Bei den beiden Silberfolien („Xbox Video Game System“, Richtung „ATTENTION“-Aufkleber; Seriennummer-Aufkleber, Richtung Mitte) reicht es auch, die Schraube zu erfühlen und nur den jeweiligen Rand hochzuheben.
Bei „meiner“ Version 1.3 reicht es, die Festplatte neben den Rumpf zu legen, nur das DVD-Laufwerk muß man abbauen, ich habe die Kabel direkt am DVD-Laufwerk ausgesteckt.
Von der Platine habe ich nur das Lüfterkabel hinten entfernt und vorne das linke USB-Kabel. Wenn man alle Schrauben entfernt, auch die hinteren zur Videobuchse, kann man die Platine vorsichtig nach vorne herausnehmen, dabei leicht anheben, und dann umklappen.
So läßt sich der Kondensator C763 recht leicht auslöten. Er ist links unten auf der Platine, rechts diagonal unter der Spule und genau rechts neben dem hohen Kondensator.
Noch ein Gefühl zur Bauqualität: Bei der großen Spule im Netzteil habe ich den Eindruck, daß sie handgewickelt wurde. Wer schon Funkgeräte selbst gebaut hat und die Spulen selbst gewickelt hat, wird verstehen, was ich meine. Die Platine ist von einer Spitzenqualität in meinen Augen. Wenn ich mir heutige Platinen und den HDMI-Anschluß anschaue, muß ich sagen, sagenhaft, daß hier zwei dicke Schrauben die Videobuchse schützen. Es ist bei vielen neuen Designs klar, daß früher oder später die Lötstellen alleine die Kräfte nicht aushalten können, die beim ständigen Ein- und Ausstecken wirken. Viele Spulen hier scheinen mir handgewickelt zu sein. Offenbar ist meine Xbox aus dem Jahre 2003. In Deutschland könnten nach meiner Einschätzung zur Zeit keine derartigen Geräte produziert werden („komplette vertikale Integration“). Das heißt, China hat 20 Jahre Vorsprung. Wie das aufgeholt werden soll, ist mir ein Rätsel.
Hat man den Kondensator entfert, sieht man paarweise vier Lötaugen. Die oberen und unteren sind untereinander verbunden. Unten geht es auf Masse. Also muß der neue Kondensator (ich habe ein Neuteil eingelötet, 1 MikroFarad), mit „-“ nach unten zeigen. Bei den neueren Kondensatoren ist ja immer „-“ markiert und nicht mehr „+“, warum das geändert worden ist, weiß ich nicht und ist mir etwas rätselhaft. Ich bin ein großer Freund von Standards.
Vorher habe ich die Stelle noch mit Isopropylalkohol gesäubert. Der Kondensator scheint mir nur sehr leicht ausgelaufen zu sein – wenn überhaupt. Zur Sicherheit, und weil ich oft gelesen habe, daß man es kaum sehen könne, habe ich es trotzdem gesäubert.
Dann alles wieder zusammengebaut und – läuft nicht. Kleiner Spaß. Aber ich schaffe immer noch nicht „Escape from Butcher Bay“. „Johns“ schaffe ich noch, aber dann weiß ich nicht weiter.
Die letzten Worte des Elektrikers: „Ich schalte jetzt ein!“